Io Sto Bene

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Was am Ende bleibt – der deutsche Untertitel beschreibt sehr schön diesen Film über zwei ungleiche Menschen mit (vielleicht) gleichem Weg, vor allem aber illustriert er den Kern der Geschichte. Eine über Verlust und Trauer. Im Mittelpunkt steht ein italienischer Auswanderer, der es in Luxemburg zu etwas gebracht hat. Jetzt ist er alt und allein, als er die italienische Künstlerin Leo kennen lernt, die wie er in der Ferne ihr Glück sucht. Luxemburg reichte diesen Film für den Wettbewerb um den Auslands-Oscar 2022 ein.

Webseite: https://www.der-filmverleih.de/

Deutschland / Luxemburg / Italien / Belgien 2020
Regie + Buch: Donato Rotunno
Darsteller: Renato Carpentieri, Sara Serraiocco, Alessio Lapice

Länge: 94 Minuten
Verleih: Der Filmverleih GmbH
Kinostart: 20. Oktober 2022

FILMKRITIK:

Antonio (Renato Carpentieri) wollte eigentlich nur ein paar Monate, vielleicht ein Jahr bleiben, als er mit seinen Cousins Italien verließ. Aus diesem einen Jahr wurde ein ganzes Leben, das er in Luxemburg verbrachte. Eines mit einer Frau, von der er sich nun verabschieden musste, von Wohlstand, von Glück. Ein gutes Leben, und doch fehlt ihm etwas. Das merkt er erst, als er die DJ Leo (Sara Serraiocco) kennen lernt, die wie er ihr Glück in der Ferne sucht. Aber anders als er floh sie auch vor einer Mutter, mit der sie keinen Kontakt mehr wünscht. Antonio wiederum schrieb aus der Ferne regelmäßig an seinen Vater, den er innig liebte. Er schrieb sogar die Liebesbriefe seines Cousins an dessen Freundin, weil er nicht schreiben konnte. Indem er Leo nun kennen lernt, erinnert er sich auch an die Zeit, als er jung war – und wie verheißungsvoll das Leben damals schien.

„Es geht mir gut“ – das ist die wörtliche Übersetzung des Titels. Aber eigentlich geht es niemandem in dieser Geschichte wirklich gut. Autor und Regisseur Donato Rotunno nutzt die zwei Figuren, um ähnliche Lebensentwürfe zu zeigen, und doch die Unterschiede zu betonen. Nicht mit einem Gefühl des „Früher war alles“ besser, aber auch nicht ohne den nagenden Zweifel, dass es Zeiten gab, in denen man noch etwas aus sich machen konnte, wenn man nur den Mut aufbrachte, die Heimat zu verlassen.

Der Film konzentriert sich zuerst auf die separaten Geschichten der beiden Protagonisten. Dann vermengt er sie und kontrastiert sie mit der Geschichte des jungen Antonio, der sich in seiner neuen Wahlheimat verliebt und dessen Leben darum in eine gänzlich andere Richtung geht. Es gelingt „Io Sto Bene – Was am Ende bleibt“ aber nicht, die beiden Geschichten wirklich harmonisch nebeneinander her zu erzählen. Die Figuren der gegenwärtigen Handlung bleiben zu unerklärt. Das kann ein starkes Stilmittel sein, wenn genug Material vorhanden ist, mit dem der Zuschauer die Lücken selbst schließen kann. Aber hier fehlt es. Darum fühlen sich auch die vergangenen Szenen so viel lebendiger an.

Man hat im Grunde das Gefühl zweier Filme, die zu einem kombiniert wurden, und das zu Ungunsten von einem von ihnen. Vielleicht sogar von beiden. Denn die Geschichte von Antonio, der in der Ferne ein neues Leben beginnt, hätte auch einen Film getragen.

Die Kameraarbeit ist von elegischer Schönheit, die musikalische Untermalung auch. In seinem Diskurs, wie Verlust und Trauer auf Leben wirken, unterstützt die Form den Inhalt, nur hätte dieser noch etwas stärker sein müssen. „Io Sto Bene – Was am Ende bleibt“ ist kein schlechter Film, nur ein etwas unentschlossener.

 

Peter Osteried