Mongolian Ping Pong

China 2005
Regie: Ning Hao
Darsteller: Huricha Bilike, Dawa, Geliban, Yidenin Naribu, u.a.
101 Minuten
Verleih: Rapid Eye Movies
Start am 15. Dezember

In der weiten Steppe der Mongolei findet ein kleiner Nomadenjunge einen fremden Gegenstand der zivilisierten Welt – einen Pinpongball. Ein kleines Abenteuer beginnt, dass der chinesische Regisseur Ning Hao in großen, weiten Landschaftsaufnahmen erzählt. Wer „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ mochte, dem wird bei diesem Film auch garantiert warm ums Herz.

Behutsam beugt sich der 10-jährige Bilike über den schmalen Flussausläufer, um mit seinen Händen ein wenig Wasser zu schöpfen. Um ihn herum sehen wir die ewige Weite der mongolischen Steppe und einen Himmel größer als seine Fantasie. Den Durst stillt Bilike mit ein paar schnellen Schlücken, doch als er sich die Tropfen vom Mund abwischt, gleitet etwas den Fluss hinunter, dass der Junge noch nie gesehen hat: ein Pingpongball. Vorsichtig hebt er dieses leicht tänzelnde weiße, runde Ding auf und rennt damit zu seinen zwei besten Freunden. Das lange Grübeln beginnt. Was ist das? Ein Vogelei oder womöglich ein Geisterschatz?

Nachdem die drei Jungen das komische Etwas jeder ausgiebig abgeleckt und keinen besonderen Geschmack entdeckt haben, muss schließlich die Verwandtschaft um Rat gebeten werden. Doch Bilikes Eltern können ebenfalls nur die Schulter zucken, zumindest die Großmutter kann ihm versichern, dass dieses kleine unbekannte Objekt großes Glück bringen wird. Eine lange Suche nach der Bedeutung für seinen Fund beginnt, bis Bilike eines Tages aus dem neu erworbenen (aber nicht wirklich funktionierenden) Fernseher seines Vaters eine Stimme hört, die am Rande eines Tischtennisturniers von einem „Nationalball Chinas“ spricht. Klare Sache: Der Junge hält einen ungemein wertvollen Staatsschatz in den Händen, der umgehend in die Hauptstadt nach Peking gebracht werden muss.

Ähnlich wie „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ (2003) werden die Zuschauer auf rührende Weise in die Lebenswelten mongolischer Steppenbewohner eingeführt. Im Vordergrund steht dabei stets das Verhältnis zwischen Tradition und Moderne, dem sich der chinesische Nachwuchsregisseur Ning Hao mit viel Humor und Ironie widmet. Wenn zum Beispiel eine Kuh den maroden Jeep aus dem Fluss ziehen muss oder spontan eine Fernsehantenne aus Bierdosen gebastelt wird, um vergeblich ein TV-Bild zu erzeugen, dann kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ebenso in einer anderen Szene, in der ein gewiefter Händler einen amerikanischen Tee anpreist, der komischerweise den prägnanten Namen „Kaffee“ trägt.

Seine Stärke gewinnt „Mongolian Ping Pong“ daraus, dass der Film sowohl Authentizität durch den dokumentarischen Stil, als auch gute Dialoge zu platzieren weiß. Getragen von den wunderbaren Landschaftsaufnahmen, konzentriert sich Regisseur Ning Hao mehr auf das Abbilden von realen mongolischen Lebenswelten, während „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ durch seine fast märchenhafte Geschichte eher ein romantisch-verklärendes Bild der Steppenbewohner entwirft.

Dennoch wünscht man sich, „Mongolian Ping Pong“ wäre ein bisschen kürzer geraten. Die Geschichte um seinen Protagonisten und den gefundenen Pingpongball verliert sich zwischendurch allzu oft und hätte durchaus stringenter erzählt werden können. Wer allerdings in letzter Zeit die Darstellung der Mongolei im Film („Die Höhle des gelben Hundes“ oder wie bereits erwähnt „Die Geschichte vom weinenden Kamel“) für sich entdeckt hat, wird auch an „Mongolian Ping Pong“ seine wahre Freude haben.

David Siems