No Time to Die

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Den Fahrer eines Leichenwagens in den Mittelpunkt einer Komödie zu stellen, darauf muss man erst mal kommen. King Ampaw, einer der bekanntesten ghanaischen Regisseure, macht genau das und formt aus den Liebeshändeln seiner Hauptfigur Asante einen leichten Film, der subtile Einblicke in die afrikanische Gesellschaft bietet.

Webseite: www.kairosfilm.de

Ghana 2007
Regie: King Ampaw
Buch: King Ampaw, Klaus Bädekerl
Musik: Ben Michael Makhamba
Darsteller: David Dontoh, Issifu, Kassim, Agatha Ofori, Kofi Bucknor, Fritz Bafour, Kwesi France, Evans Hunter
90 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Kairos
Kinostart: Sommer 2009

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Jeden morgen zieht Asante seinen gepflegten schwarzen Anzug an, schlüpft in ordentliche Schuhe, setzt seinen Zylinder auf und macht sich auf den Weg zur Arbeit. Er ist Fahrer eines Leichenwagens, mit dem er in Ghanas Hauptstadt Accra gestorbene Menschen zurück in ihre oft weit entfernt liegenden Dörfer fährt. Dort finden die prachtvollen Beerdigungszeremonien statt, für die im Trubel der Metropole keine Zeit und kein Platz ist. Ganz unterschwellig spürt man hier schon die Dialektik, die King Ampaws Film entwickelt. Der Unterschied zwischen Land und Stadt, im weitesten Sinne auch zwischen Tradition und Moderne, ist eines der Grundmuster des afrikanischen Kinos. Oft werden diese Gegensätze eher unsubtil ausgespielt, hier sind die unterschiedlichen Lebensweisen nur angedeutet, geraten unter der komödiantischen Oberfläche leicht in den Hintergrund.

Asante ist eine Art Mittler zwischen den Welten. Während etwa sein Boss in seinem Büro in Accra sitzt und auf volle Bezahlung pocht, kennt Asante die Nöte der Landbevölkerung, die oft mühsam die Kosten für die teure Beerdigung aufbringen. So auch die reizende Esi, die ins Geschäft kommt und ihre verstorbene Mutter nach Hause bringen will. Am Morgen hatte ein Wahrsager, ein Schamane Asante prophezeit, das er an diesem Tag eine Frau kennen lernen würde, die ihm ewig treu sein wird. Und Esi muss es sein. So verhilft Asante ihr zu einem günstigen Sarg, bringt sie in ihr Dorf, gewinnt schon fast ihr Herz. Dumm nur, dass Esis Vater kein Interesse daran hat, dass seine Tochter den Fahrer eines Leichenwagens heiratet. Erst viele kuriose Situationen später wird das Paar zueinender finden können, wird sich das aufgedruckte Motto des Leichenwagens erfüllt haben: „No Time to Die.“

Auf leichte Weise spielt King Apsaw, der Anfang der sechziger Jahre in der DDR das Filmhandwerk lernte und nun, nach über 20 Jahren Pause, auch mit Hilfe von deutschem Geld seinen dritten Spielfilm drehen konnte, mit den Klischees. Zunächst scheint Asantes Glaube in den Wahrsager groß zu sein, die Ratschläge, die dieser ihm erteilt, befolgt er penibel und scheinbar funktionieren sie auch. Ebenso leicht fällt es ihm aber dann, sich zu emanzipieren, Warnungen in den Wind zu schlagen und sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Die oftmals deutliche Kritik am Festhalten an den Traditionen wird auf spielerische Weise unterlaufen. Zumal es nicht die Dorfbewohner, der renitente Vater ist, der sich auf den Rat von Schamanen oder dem Ältestenrat beruft, sondern die eigentlich weiter entwickelten Stadtbewohner.

So wird aus „No Time To Die“ ein ungewöhnlicher Film, ein durch und durch afrikanischer Film, der sich aber den oftmals allzu dominierenden Konventionen des afrikanischen Kinos entzieht. Und dass er dabei den europäischen Klischeevorstellungen von Afrika ganz und gar nicht entspricht, muss man nicht gesondert erwähnen.

Michael Meyns

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