Rebellinnen – Fotografie. Underground. DDR.

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Im Dokumentarfilm „Rebellinnen – Fotografie. Underground. DDR.“ porträtiert Pamela Meyer-Arndt mit den Künstlerinnen Tina Bara, Cornelia Schleime und Gabriele Stötzer drei zentrale Protagonistinnen der autonomen DDR-Kunstszene. Die im Themengebiet erfahrene Filmemacherin lässt die Frauen ausführlich zu Wort kommen und versammelt etliche zeitgenössische Fotografien und Videos. Die spannenden Schilderungen weisen Parallelen zum unlängst gestarteten Drama „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ auf, das sich für eine Doppelvorstellung anbietet.

Webseite: http://salzgeber.de/rebellinnen

Deutschland 2022
Buch & Regie: Pamela Meyer-Arndt
Mitwirkende: Gabriele Stötzer, Tina Bara, Cornelia Schleime

Laufzeit: 84 Min.
Verleih: Edition Salzgeber
Kinostart: 3. November 2022

FILMKRITIK:

In autoritären Staaten sind Formen des individuellen Ausdrucks unbequem, und das natürlich besonders, wenn Kritik am System geübt wird. Die Autorin und Regisseurin Pamela Meyer-Arndt beleuchtet schon länger die Situation Kunstschaffender in der ehemaligen DDR. 2006 porträtierte Meyer-Arndt in „Ostfotografinnen“ unter anderem Sibylle Bergemann, zudem hat sie Biografien zu ostdeutschen Kreativen wie Ute und Werner Mahler gedreht. „Rebellinnen – Fotografie. Underground. DDR.“ blickt nun abermals auf den künstlerischen Untergrund in der sozialistischen Diktatur.

Im Fokus stehen die zwischen 1953 und 1962 geborenen Fotografinnen Tina Bara, Cornelia Schleime und Gabriele Stötzer, die zur Zeit der DDR in Ostberlin, Erfurt und Dresden tätig waren. Die zahlreich im Film gezeigten performativen Fotografien und experimentellen Super-8-Filme der Frauen thematisieren die Zwänge und Repressalien im diktatorischen System – ein Thema, das die Künstlerinnen auch nach der Wende weiter umtrieb. Für ein sehr ausdrucksstarkes Foto wickelte sich Cornelia Schleime nackt in Draht ein, um eine „Parabel für das Lebensgefühl“ zu schaffen. Andere Bilder zeigen einen mit Silberfolie umwickelten Menschen, der wie ein Fremdkörper auf den Dresdner Elbwiesen steht, oder ein Model mit festgebundenen Haaren: „Die Vergangenheit hält dich fest.“

Die Hintergründe und Erlebnisse der Protagonistinnen werden in teils emotionalen Gesprächen geklärt, wobei die flüssig und lebendig erzählten Anekdoten von Bara, Schleime und Stötzer ein Gesamtbild ergeben. Neben dem Engagement für die Friedensbewegung „Frauen für den Frieden“ werden vor allem die Bespitzelungen und Einschüchterungsversuche der Staatssicherheit angesprochen, die die „Müllkunst“ der autonomen Szene bekämpfte. Schleime flüchtete 1984 aus der DDR, Stötzer wurde ein Jahr im Stollberger „Frauenzuchthaus“ Hoheneck inhaftiert.

Zu den Aussagen sehen wir etliche meist schwarzweiße Fotografien, die teils heimlich erstellt und auf illegalen Ausstellungen präsentiert wurden. Die Umsetzung wirkt mit prägnanten Montagen und leichter Klaviermusik kreativ bis verspielt. Viele der häufigen Selbstporträts sind Aktfotografien, was einerseits einen emanzipatorischen Impetus hat und andererseits ein Sinnbild für das erschwerte künstlerische Arbeiten in einem autoritären System ist. Nackt stehen die Künstlerinnen einem Regime gegenüber, das den Ausdruck ihrer Gefühle und Weltsichten kriminalisiert.

 

Christian Horn