SommerHundeSöhne – Unterwegs nach Marokko

D 2004
R: Cyril Tuschi
B: Ole Ortmann, Cyril Tuschi
D: Stipe Erceg, Fabian Busch, Lilja Löffler, Martin Clausen, Daniela Ziegler
K: Peter Dörfler
P: Lala Films, Friends Production, BR, SWR
Verleih: Zauberland Filmverleih
L: 96 Min.
Start: 8. September

Cyril Tuschi will sich offenbar nicht festlegen. Sein Spielfilmdebüt ist ein launisches Sommerabenteuer, ein Roadmovie mit lauter verrückten Einfällen, mit bis zur Karikatur überzogenen Figuren und vielen lose herunterhängenden Handlungssträngen. Aber seine Hauptdarsteller Stipe Erceg und Fabian Busch wecken auf jeden Fall die Neugier.

Noch steht das Wohnmobil, dieser Ausdruck unermesslicher Enge und grenzenloser Freiheit, ruhig auf dem IKEA-Parkplatz. Im Inneren hockt der schüchterne Frank (Fabian Busch, „Liegen lernen“) und harrt der Einkäufe, die seine Eltern tätigen. Ehe die Familie jedoch komplett und neu möbliert den Heimweg antreten kann, kreuzt der  extrem aggressive Marc (Stipe Erceg, „Die fetten Jahre sind vorbei“) auf und kidnappt das Gefährt samt dem kleinen, ängstlichen Söhnchen. Keine Sekunde lässt er einen Zweifel daran, wer der neue Herr im Hause ist: „He, was hätte ich denn sagen sollen? Kannste mich mal nach Marokko fahren?“ Marc muss dorthin, angeblich um seinem Vater bei einer Erbschaftsangelegenheit zu helfen: „Der hat so `ne kleine Oase, verstehste!“ Frank, der schon immer einmal in die Wüste wollte, darf das Ganze sponsorn.

So nimmt die Odyssee ihren Lauf. Mühsam versuchen die zwei im Radio Spanisch von Französisch zu unterscheiden, um herauszufinden, in welchem Land sie sich denn gerade aufhalten (!). Frank, der gutmütige Looser, schläft im Regen auf der Parkbank, während sein „neuer Freund“ das Wohnmobil für eine Liebesnacht nutzt. Marc, der mit seinem stechenden Blick und den kantigen Kieferknochen wie ein Ganove aus einem Lucky-Luke-Comic aussieht, spielt den Zampano bis ein paar überkonstruierte Nebenfiguren seine Autorität untergraben. Die blonde Ilvy (Lilja Löffler) flüchtet anscheinend vor ihrem Exfreund und verdreht langsam aber sicher Frank den Kopf. Irgendwo in den Bergen gesellt sich der spinnerte „Sachenfinder“ Pauli (Martin Clausen) dazu. Cowboys und Weinbauern schaffen Lokalkolorit. Die aufgepropften Figuren und Szenen versprühen eine groteske Komik. In den langen Einstellungen beginnen sie manchmal, ein eigenes Leben zu entfalten. Ähnlich zauberhaft wie die allererste Einstellung des Films, in der sich aus Strichen eine Zeichnung und daraus wiederum ein gemaltes Bild, ein Foto, eine Filmszene entwickelt.

Jungregisseur Cyril Tuschi erzählte „German Cinema“ im Interview , dass er sich gerne hat treiben lassen und er generell als verspielter Mensch „bei allem Dahergelaufenen eine neue Bedeutung“ suchte. „Ich wollte mal etwas Simples machen, den Ballast von total übergeplanten Filmen abwerfen.“ Aber die Produzenten verlangten ein Drehbuch und er durchlief drei Jahre „Development-Hell“. Dabei wollte er doch nur „zwei sympathische Idioten, bei denen nur sehr kleine Veränderungen stattfinden“ zeigen. Mit vielen Haken und Ösen entwickeln sich seine Helden tatsächlich ein bisschen weiter. Am Ende kann man sich die beiden geläuterten Nervensägen sogar als glückliche Menschen vorstellen.

Dorothee Tackmann