The Little Things

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Zwei ungleiche Polizisten jagen einen Serienkiller. Das klingt nach einem der unoriginellsten Stoffe überhaupt. Filme dieser Art hat man im Lauf der Jahrzehnte dutzendfach gesehen. Aber John Lee Hancock, der das Skript bereits im Jahr 1993 geschrieben hat, macht aus dieser Geschichte mehr. Weil er sich nicht auf den Serienkiller, sondern die Polizisten konzentriert. Und weil er ein Ende präsentiert, das ausgesprochen unkonventionell ist. In den Hauptrollen: Denzel Washington, Sami Malek und Jared Leto.

USA 2021
Regie: John Lee Hancock
Buch: John Lee Hancock
Darsteller: Denzel Washington, Rami Malek, Jared Leto, Chris Bauer
Länge: 115 Minuten
Verleih: Warner
Kinostart: n.n.

FILMKRITIK:

Deke (Denzel Washington) war einst ein gefeierter Detective, ein Fall hat ihn jedoch gebrochen. Er hat sein Revier verlassen und verdingt sich höher im Norden als Streifenpolizist. Doch dann führt ihn der Weg zurück nach Los Angeles, wo ein Serienkiller sein Unwesen treibt. Jimmy (Rami Malek), der Detective, der Deke nachfolgte, ermittelt in dem Fall und bittet den Kollegen um Hilfe. Deke sieht sich den Tatort des neuesten Opfers also an und findet sogleich etwas, das andere übersehen haben. Die beiden ungleichen Polizisten arbeiten nun zusammen, doch als sie sich ihnen ein Verdächtiger präsentiert, der mit seinem Verhalten perfekt ins Täterprofil passt, gerät die Ermittlung aus den Fugen.

Hancock schrieb das Skript vor fast 30 Jahren. Seitdem hatten gestandene Filmemacher wie Clint Eastwood, für den Hancock „Perfect World“ geschrieben hat, und Steven Spielberg Interesse an dem Stoff, es wurde aber nie etwas daraus. Nun bot sich Hancock die Chance, seine Vision ganz und gar zu verwirklichen, indem er auch auf dem Regiestuhl Platz nahm. Das Ergebnis ist ein stimmungsvoller Crime-Film, der weniger mit einem Thriller und mehr mit einem Drama Ähnlichkeit hat. Denn er interessiert sich nur augenscheinlich dafür, den Täter zu finden. Weit mehr ist er von den beiden Hauptfiguren fasziniert, die in ihrer charakterlichen Gestaltung stereotyp erscheinen. Aber das ist Kalkül, denn Hancock nutzt das Setting, aber auch die bekannte Figurenbeschreibung, um den Zuschauer in Sicherheit zu wiegen.

Denn in „The Little Things“ geht es nicht wirklich um den Mord an verschiedenen Frauen. Es geht um die Männer, die ermitteln. Und um das, was dieses Ermitteln mit ihnen macht. Deke ist die Zukunft, die Jimmy erwartet. Er war Jimmy, und das vor nicht allzu langer Zeit. Glücklich verheiratet, gesund, ein gefeierter Detective. Doch dann brachte ein Fall ihn aus der Bahn. Scheidung, dreifacher Bypass, Versetzung. All das könnte Jimmy auch blühen. Wohl auch deswegen will Jimmy Dekes Hilfe. Weil er spürt, dass er sich auf demselben Pfad befindet wie der ältere Mann. Und wenn er nicht aufpasst, wird er enden, wie er. Oder schlimmer.

Der Film gestaltet sich als Psychogramm zweier Männer, die gut sind, die sich zurecht für die Guten halten, die aber jeder einen Bruch in ihrer Vita haben. Einen Bruch, nachdem nichts mehr ist, wie es war. Für Deke ist dieser Bruch Vergangenheit, für Jimmy kommt er erst noch. Für John Lee Hancock ist das die Gelegenheit, dem Zuschauer den Boden unter den Füßen wegzureißen.

Peter Osteried