The Stolen

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Es ist schon ein wenig merkwürdig, wenn es fünf Jahre dauert, bis ein Film den Weg auch in die hiesigen Kinos findet. „The Stolen“, den man als eine Art neuseeländischen Western bezeichnen könnte, wurde bereits im Jahr 2017 erstaufgeführt. Mit Alice Eve, Graham McTavish und Jack Davenport ist er auch gut besetzt. Dennoch zog das Thema wohl nicht: Es geht um eine Frau im späten 19. Jahrhundert, deren Mann erschossen und deren Baby entführt wird. Monate später kriegt sie einen Hinweis, wo ihr Junge ist und macht sich auf den beschwerlichen Weg in eine Goldgräbersiedlung.

Website: https://thestolen.der-filmverleih.de/category/videos/

The Stolen
Großbritannien / Deutschland / Neuseeland / Vereinigte Arabische Emirate 2017
Regie Niall Johnson
Buch: Emily Corcoran
Darsteller: Alice Eve, Graham McTavish, Jack Davenport
Länge: 98 Minuten
Verleih: Der Filmverleih
Kinostart: 10. März 2022

FILMKRITIK:

Charlotte Lockton stammt aus England – nach Neuseeland wollte sie nie. Ihr Mann aber schon, weil er sicher war, dort sein Glück machen zu können, was ihm auch gelang. Eines Nachts wird das Ehepaar, das gerade Eltern eines Jungen geworden ist, überfallen. Der Mann stirbt, das Kind wird entführt. Charlotte ist am Boden zerstört. Drei Monate später erhält sie dann einen Erpresserbrief. Sie soll 500 britische Pfund nach Goldtown bringen, dann erhält sie ihr Kind zurück. Der Weg dorthin ist beschwerlich, aber nichts davon hätte Charlotte auf Goldtown vorbereiten können.

Das Setting in Neuseeland ändert nichts. Dies ist ein Film, der nach den Mustern eines Western erzählt ist. Im Mittelpunkt steht dabei die von Alice Eve gespielte Charlotte, die für ihr Kind alles tun würde, aber mehrheitlich reichlich unfähig ist. Sie lässt sich bestehlen, ist ängstlich, unsicher, eine Frau, die immer jemanden braucht, der ihr zu Hilfe kommt. Erst zum Ende hin emanzipiert sich Charlotte, auch wenn nie ganz klar ist, woher dieser plötzliche Sinneswandel kommt.

Im Grunde ließe sich die Geschichte auch actionreich erzählen – eine Frau, die auf Rache aus ist und ihr Kind retten will. Aber bei „The Stolen“ wird daraus in erster Linie ein Drama. Leider keines, das besonders gut wäre. Denn die Erzählung ist in ihrer episodischen Form holprig und die Figuren bleiben mehrheitlich alle farblos und austauschbar. Zum Ende hin gibt es dann noch so etwas wie einen Twist. Den Grund, wieso man Charlotte nach Goldtown gelockt hat. Das ist einfach abstrus. Der Film verliert hier vollends den Boden unter den Füßen.

Punkten kann „The Stolen“ im Grunde nur mit den tollen Bildern. Hier wird Neuseeland anders gezeigt, als man das aus Filmen wie „Der Herr der Ringe“ kennt. Weil Sonnenschein selten durchkommt, sondern Wolken für ein düsteres Ambiente sorgen. Das sind Bilder, die besonders auch auf der großen Leinwand toll aussehen, aber mit ihnen lässt sich auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte einfach nur plätschert. Dabei hat man ständig das Gefühl, es wäre angesichts des Personals ein Leichtes gewesen, hier ein wirklich vielschichtiges Drama zu erschaffen.

 

Peter Osteried