weiße Massai, Die

D 2005
Regie: Hermine Huntgeburth
Buch: Johannes W. Betz
Darsteller: Nina Hoss, Jacky Ido, Katja Flint
Verleih: Constantin
Kinostart: 15.9.2005

Besuch in einer Afrika-Boutique. Hermine Huntgeburth verfilmt den Bestseller „Die weiße Massai“ – den melodramatischem Liebes-Trip einer Weißen nach Schwarz-Afrika. Eine junge Kenia-Urlauberin aus der Schweiz verknallt sich Hals über Kopf in einen Samburu-Krieger und zieht zu ihm in den Busch – das ist der Stoff, aus dem romantische Frauenromane sind.

Vielleicht liegt die Faszination ja darin: Es kann schon mal vorkommen, dass eine Frau sich ihren hauseigenen langweiligen Schlipsträger zum Teufel und sich selbst auf den Mond wünscht. Oder eben in den Busch. Dorthin wo starke schwarze Männer leben, stolze Krieger, die für das pralle, unverfälschte Leben stehen. Also bewundert sie die Schweizerin Corinne Hofmann, die in dem Roman „Die Weiße Massai“ ihren eigenen Abenteuertrip nach Afrika verarbeitet hat. Eine weiße Frau allein unter Wilden – das ist so aufregend und doch zugleich so beruhigend, denn das Abenteuer geht ja nicht gut, die weiße Frau wird zurückkehren in die Heimat und so kann die weiße Frau auf der Couch beruhigt das Buch zuklappen, seufzen und bei ihrem Mann bleiben. Der ist vielleicht nicht so stark, aber wenigstens trinkt er kein Ziegenblut.

Hermine Huntgeburth hat sich der Verfilmung des kasse-versprechenden Buches mit großer Gründlichkeit angenommen. Gedreht wurde aufwändig an Originalschauplätzen in Kenia, für die Rolle des Samburu-Kriegers wurde ein schöner Franzose mit afrikanischen Wurzeln gefunden und Nina Hoss, die vor allem in den Filmen von Christian Petzold glänzt, konnte für die Titelrolle gewonnen werden.

Während es Nina Hoss in den minimalistischen Dramen von Petzold jedoch gelingt mit reduziertestem Spiel größte Gefühle auszudrücken, findet sie in diesem nach Fernsehmelodramatik vergröberten Afrikaabenteuer kaum zu ihrer Stärke. Mal sind die Emotionen durch überdeutliche Inszenierung bereits auserzählt, bevor die Schauspielerin zum Zuge kommt, mal überspringt der Film, um voranzukommen, wesentliche Entwicklungsschritte der Figur, so dass nur ein Rätselraten bleibt. Zu Beginn gibt sich Huntgeburth  alle Mühe, die Faszination zwischen der jungen Schweizerin und dem fremden Krieger ins Bild zu setzen, später jedoch eilt sie von Ereignis zu Ereignis ohne in die innere Spannung der Figuren Einblick zu gewähren. Sie geht dem Culture-Clash nicht auf den Grund, sondern zeigt nur spektakuläre Äußerlichkeiten: Das Entsetzen der Europäerin über die Beschneidung der Frauen, der Kampf gegen das Patriarchat als Schlägerei mit ihrem eifersüchtigen Mann. Zwischendurch fährt die Kamera staunend die Hütten der Afrikaner ab, aber sie bleibt am Dekor hängen und schafft es nicht,  ins Innere, geschweige denn in die Seelen, vorzudringen.
 
„Ich bekam eine Ahnung davon, dass es Dinge gibt, die schwieriger sind als Küsse“ – so schlicht lautete die Erkenntnis der Schweizerin Corinne Hofmann. Hermine Huntgeburth übersetzt diese Naivität in überraschend simple Bilder. „Die weiße Massai“ hat das Format eines Gefühls-Movies im Event-TV – und erzählt über Afrika eben leider nicht mehr als der Besuch in der Boutique mit den bunten Ketten.

Sandra Vogell