Talea

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Ein klassisches Regiedebüt ist Katharine Mücksteins „Talea“, eine einfache Geschichte über die schwierige Wiederannährung zwischen einer Mutter und ihrer Tochter, erzählt mal überdeutlich, mal angenehm subtil, teils in unglaubwürdigen Wendungen erzählt, teils durch interessanten Einsatz der Kamera. Ein Debüt also, aber eins das gespannt auf weitere Filme der Regisseurin macht.

Webseite: www.mindjazz-pictures.de

Österreich 2013
Regie: Katharina Mückstein
Buch: Selina Gnos, Katharina Mückstein
Darsteller: Nina Proll, Sophie Stockinger, Lily Epply, Eva-Maria Gintsberg, Philipp Hochmair, Andreas Patton, Alina Schaller
Länge: 75 Minuten
Verleih: mindjazz Pictures
Kinostart: 11. Dezember 2014
 

FILMKRITIK:

Jasmin (Sophie Stockinger) ist 14, leicht pummelig und sehr verschüchtert. Sie wächst bei Pflegeeltern auf, die zwar nett zu ihr sind, aber eben nur ein Ersatz für ihre richtige Mutter Eva (Nina Proll) sind. Diese ist nach langen Jahren im Gefängnis – wofür sie einsaß bleibt unbeantwortet – wieder in Freiheit und in Jasmin wächst das Bedürfnis endlich Zeit mit ihrer richtigen Mutter zu verbringen.

Ein Streit mit der Tochter ihrer Pflegeltern ist schließlich Auslöser, um die Flucht zu ergreifen und Eva kennen zu lernen. Die ganze Wahrheit verschweigt Jasmin ihrer Mutter und überredet sie so, ein Wochenende mit ihr aufs Land zu fahren. Ganz langsam kommen sich Mutter und Tochter nahe, beschnuppern sich, lernen sich zum ersten Mal wirklich kennen. Doch gerade als so etwas wie wirkliche Nähe entstanden ist, kommt ein Mann dazwischen und droht die neu gefundenen Familienbande zu zerstören.

Weniger von seiner Geschichte lebt Katharina Mücksteins „Talea“, als von seinen beiden Hauptdarstellern und der Ruhe, mit der die Regisseurin sie beobachtet. Die Geschichte entwickelt sich in eher konventionellen Bahnen, voller absehbarer Wendungen, inklusive metaphorischer Momente wie Jasmins nicht schwimmen können, das symbolhaft für die abwesende Mutter, die entgangene Erziehung steht. Doch in diesem Gerüst lässt Mückstein immer wieder impressionistische Momente entstehen, etwa wenn Jasmin lange auf dem Fahrrad fährt, die Kamera sie von der Seite filmt und den Freiheitsdrang des Mädchens visualisiert, oder auch später, wenn Mutter und Tochter, die oft wie zwei Freundinnen wirken, in einer Dorfkneipe tanzen und sich ganz der Musik hingeben.

Ideal gecastet sind dafür die erfahrene Nina Proll und die Newcomerin Sophie Stockinger, die hier ihren ersten längeren Film dreht und auch äußerlich wie eine jüngere Version von Nina Proll wirkt. Dieser gelingt es wiederum die ganze Bandbreite der Emotionen anzudeuten und einen Charakter zu entwerfen, der deutlich geprägt von der langen Zeit im Gefängnis ist, bisweilen schroff, unnahbar und vorsichtig, aber doch immer wieder auch Zärtlichkeit und Verletzbarkeit durchscheinen lässt. Gezwungen in die Rolle der Mutter zu schlüpfen, öffnet sich Eva nur langsam, ist hin und her gerissen zwischen ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit und dem Verantwortungsgefühl für eine Tochter, die sie zwar lange nicht gesehen hat, die aber dennoch ihre Tochter ist.

Wie Mückstein diese schwierige Beziehung schildert macht „Talea“ zu einem sehenswerten Film, der sich manchmal in etwas zu konventionellen dramaturgischen Bahnen bewegt, aber immer wieder zu einer stark gespielten, sensibel beobachteten Charakterstudie wird.
 
Michael Meyns