Infidel

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In den USA sind so genannte „faith based movies“ ein eigenständiges Genre, dessen Vertreter nur selten in den deutschen Kinos auftauchen. Aus guten Gründen, denn die erzkonservative, tief religiöse Haltung eines Films wie „Infidel“ sollte hierzulande nur schwer zu vermitteln sein. Im Iran siedelt Regisseur und Autor Cyrus Nowrasteh seine Geschichte an und stellt die im Ansatz hochspannende Frage, was Menschen für ihren Glauben zu tun bereit sind.

Website: www.kinostar.com/filmverleih/infidel/

USA 2020
Regie & Buch: Cyrus Nowrasteh
Darsteller: Jim Caviezel, Claudia Karvan, Hal Ozsan, Stelio Savante, Isabelle Adriani, Bijan Daneshmand, Terence Maynard
Länge: 108 Minuten
Verleih: Kinostar
Kinostart: 22.7.2021

FILMKRITIK:

Doug Rawlins (Jim Caviziel) ist ein Mann des Glaubens. In seiner amerikanischen Heimat führt er einen erfolgreichen Blog, in dem er sich unverblümt für die Kraft Jesus Christi einsetzt. Als Doug zu einer religiösen Konferenz nach Kairo eingeladen wird, schwant seiner Frau Liz (Claudia Karvan) fürchterliches. Auch wenn sie ihrem Mann einbläut, sich zurückzuhalten und nicht zu predigen, tut Doug genau das: Er bezeichnet Jesus als Gott, was für Muslime, die Jesus als einen Propheten verehren, ein Affront ist.

Dieser Eklat dient dem Hisbollah-Mitglied Ramzi (Hal Ozsan) als Vorwand, Doug zu entführen und zunächst in den Libanon und später nach Syrien zu verschleppen. Aus unerfindlichem Grund wird Doug für einen Spion gehalten und steht vor einer schwierigen Entscheidung: Von seinem Glauben abschwören oder in iranischer Haft ums Leben zu kommen. Doch soweit will es seine Frau Liz nicht kommen lassen. Auf eigene Faust schaltet sie die Presse ein und fliegt in den Iran, wo sie auf die Hilfe der dortigen christlichen Gemeinde zählen kann.

Schon in seinem Film „The Stoning of Soraya M.“ beschäftigte sich Cyrus Nowrasteh mit Formen der Unterdrückung und Menschenrechtsverletzung im Iran, dem Land seiner Vorfahren, drehte danach einen Film über den jungen Jesus und verknüpft nun beide Aspekte. Im Ansatz ist die Fragestellung von „Infidel“ dabei hochspannend: Wie weit ist man bereit, für den Glauben zu gehen? Vor allem aber: Wo liegt der Unterschied zwischen tiefem Glauben an einen christlichen und einen islamischen Gott, worin unterscheiden sich – wenn überhaupt – Christentum und Islam?
Gerade im Gegenüber zwischen Doug und Ramzi werden diese Fragen immer wieder angerissen, entwickelt sich zwischen Entführer und Entführungsopfer ein intellektuelles Duell, bei dem in Momenten angedeutet wird, wie nach sich die beiden Glaubensrichtungen im Kern doch sind.
Doch solche Momente sind rar. Obwohl Cyrus Nowrasteh fraglos weiß, welchen Vorurteilen Menschen seiner Herkunft in Amerika ausgesetzt sind, schlägt er in dieselbe Kerbe und scheint mit seinem Film sämtliche Klischees über den Nahen Osten und besonders den Iran bestätigen zu wollen. Er tut dies in Form eines Films, der zunehmend zu einem Action-Thriller wird, allerdings einem der billigeren Sorte.

Gedreht wurde in Jordanien mit einem eher geringen Budget, was zur Folge hat, dass die in den Dialogen beschworene Bedrohung durch den Iran und seine Sicherheitskräfte in den Bildern eher lächerlich wirkt. So ist „Infidel“ am Ende nichts Halbes und nichts Ganzes: Weder als Action-Thriller überzeugend noch als Film, der sich mit wichtigen und komplexen Fragen des Glaubens beschäftigt.

Michael Meyns