Wo ist Gott?

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Außer Fanatikern besteht kaum noch ein Gläubiger darauf, den einen, richtigen Weg zu Gott zu kennen. Dementsprechend porträtiert Sandra Gold in ihrem Dokumentarfilm „Wo ist Gott?“ Vertreter der drei großen Buchreligionen und des Buddhismus. Vier Menschen, die auf gleichzeitig ganz unterschiedliche, aber am Ende doch sehr ähnliche Weise ihren ganz persönlichen Weg zu Gott, zum Glauben und damit zu einer bemerkenswerten Form der inneren Ruhe gefunden haben.

Webseite: http://www.wo-ist-gott-film.de/

Deutschland 2022
Regie & Buch: Sandra Gold
Dokumentarfilm

Länge: 105 Minuten
Verleih: Arsenal Filmverleih
Kinostart: 15. Dezember 2022

FILMKRITIK:

Vier Menschen, vier Gläubige stehen im Mittelpunkt von Sandra Golds Dokumentarfilm „Wo ist Gott?“: Veronika Elisabeth Schmitt trat in jungen Jahren in ein katholisches Kloster ein, inzwischen ist sie in einem Kloster in Dachau und ist bekannte Malerin von religiösen Ikonen. Der Österreicher Süleyman Wolf Bahn, fand in den 70er Jahren zum Sufitum, während Doris Zölls im Buddhistin ihr Zentrum fand. Und schließlich der Jude Gabriel Strenger, der auch Autor ist und Ratgeberbücher wie „Die Kunst des Betens“ veröffentlicht hat.

Nach langjähriger Recherche fand Sandra Gold ihre Protagonisten, die sie im Alltag und in der Ausübung ihres Glaubens begleitet und beobachtet hat. Momente der Stille ziehen sich durch „Wo ist Gott?“, Momente der Meditation, des Innehaltens, des Nachdenkens. Man merkt allen vier Protagonisten an, dass sie ihren Glauben schon seit langen, seit vielen Jahrzehnten ausüben, ihren inneren Frieden im Gebet oder der Meditation gefunden haben.

Viele von ihnen sind Autoren, geben Kurse oder halten Rede, ideale Subjekte also, um reflektiert und komplex über ihren jeweiligen Glauben zu berichten. Und auch wenn sie unterschiedlichen Glaubensrichtungen anhängen, ähneln sich die Berichte über spirituelle Erfahrungen, die Initialzündungen im Leben, die zu Gott geführt haben.

Kein Konkurrenzkampf der Religionen prägt die Berichte, sondern individuelle spirituelle Erfahrungen. Die nicht frei von Zweifeln waren, wenn es zum Beispiel über die viel diskutierte Frage der Theodizee geht, der Frage, warum Gott, so es ihn gibt und er ein guter, gerechter Gott ist, so viel Böses auf der Welt zulässt. Seit der Antike grübeln Theoretiker über diese Frage, eine wirkliche Antwort gibt es nicht, kann es vielleicht nicht geben.

Wenn man jedoch etwa Doris Zölls bei der buddhistischen Meditation sieht oder Veronika Elisabeth Schmitt beim Gebet im Kloster, scheint es so, als hätten sie persönliche Antworten gefunden. Verbindendes Element aller vier Protagonisten, ist die Suche nach Liebe, nicht unbedingt zu einem anderen Menschen, sondern zum Leben, zur Existenz an sich. Manche finden dieses Gefühl durch den Tanz der Derwische, die in rasendem Tempo um die eigene Achse kreisen, andere durch das Malen von religiösen Ikonen, andere finden die Liebe und Gott sogar im Kaffee, denn Gott ist überall.

Es würde leicht fallen, sich über solche und andere Passagen lustig zu machen, sie als esoterischen Humbug abzutun. Doch damit würde man Sandra Golds tief empfundenen Film unrecht tun. Frei von Zynismus und Pragmatismus beschreibt Gold unterschiedliche Menschen, die für sich einen Weg zum Glauben gefunden haben. In unserer zunehmend säkularen Welt mag das ungewöhnlich wirken, so viel Ruhe und Zufriedenheit wie die vier Protagonisten von „Wo ist Gott?“ gefunden haben, kann jedoch durchaus Bewunderung wecken.

 

Michael Meyns